Liebe Schulgemeinschaft,
die letzten Wochen und Monate haben uns allen viel abverlangt. Viele von uns erleben erstmalig Zeiten, in denen unsere Bedürfnisse nach Struktur, Sicherheit und Eigenständigkeit nicht mehr ausreichend befriedigt werden. Etwas bisher Alltägliches wie Schulunterricht wird plötzlich ein hohes Gut. Viele Kontakte können mehr nicht gepflegt werden. Und immer, wenn es gerade gelingt, sich mit der neuen Situation zu arrangieren, müssen wir uns neuen Verordnungen und Einschränkungen stellen.

Diese Krise muss jede/r von uns an seinem/ihrem Platz bewältigen – egal, ob als Elternteil, Schüler*in, Lehrkraft, Schulleitung, Hortmitarbeiter*in, Sekretariat, Geschäftsführung oder Vorstand. Dabei können die Wege und Haltungen sehr unterschiedlich sein, je nach Persönlichkeitsmuster, Vorerfahrungen, Biografie oder Belastungsausmaß. Diese Vielfalt macht unsere Schule aus, aber wir sollten uns in dem gemeinsamen Ziel treffen, den Unterricht für die Kinder/Jugendlichen unserer Schule in irgendeiner Weise aufrechterhalten und einer Schulschließung entgegen wirken zu wollen.

Alle Schulformen haben unter der Last des Auflagen- und Verordnungsdrucks aktuell Mühe, ihrer originären Aufgabe von „Bildung“ nachzukommen. Entgegen der Erwartung von Eltern haben wir hier auch als Freie Schule von rechtlicher Seite keinen Spielraum, was die Umsetzung der von Bund und Land angeordneten Maßnahmen angeht. Wir haben alle Wege geprüft  und die Freiräume genutzt, um die Situation für die Schüler*innen so sinnvoll und erträglich wie möglich zu gestalten.

Unsere Elternhäuser sind einer hohen  Mehrbelastung ausgesetzt – durch die Vereinbarkeit von eigenem Tätigsein, eigenen Sorgen sowie der schulischen und emotionalen Begleitung ihrer Kinder. Auch für unsere Schulleitung und unsere Geschäftsführung/Schulverwaltung ist das Maß an Belastung extrem gestiegen durch die Pflicht zur Umsetzung der Corona-Schutzverordnung und den damit einhergehenden Zusatzaufträgen wie Materialbeschaffung, Testverfahren, Hygienekonzepten, Unterrichtsmanagement, Schulrundbriefen etc.

In den letzten Wochen ist zu diesem, z. T. ehrenamtlichen Arbeitspensum nun noch eine Flut an Elternbriefen hinzugekommen, die, trotz wahrscheinlich gutgemeinter Anregungen oder persönlich wichtiger Anliegen, eine extreme physische und psychische Überlastung unserer Leitungsebene zur Folge hat.

Als Vorstand nehmen wir die größer werdende Not der Schulgemeinschaft bzgl. eines verantwortungsvollen Umgangs mit der aktuellen Pandemie-Situation sehr ernst. Wir möchten aber hiermit betonen, dass wir hinter den Entscheidungen unserer Schulleitung und unserer Geschäftsführung stehen. Jeder Entscheidung ist ein Ringen um mögliche Freiräume und ein demokratischer Prozess vorausgegangen. Als Vorstand stehen wir zu „Abstand“, „Testen“, „Masken“ und „Lüften“, weil nur so Unterricht in persönlicher Form möglich bleibt.

Wir möchten Sie/Euch bitten, den Blick wieder bewusst auf das Bemühen des/der jeweils Anderen zu richten und Ihrem/Eurem Gegenüber mit Vertrauen zu begegnen. Niemand ist fehlerfrei, niemand kann in der aktuellen Situation auf Erfahrungswissen zurückgreifen und niemand weiß, was der/die jeweils Andere/n gerade benötigt.

Hilfreich ist es, im Dialog miteinander zu bleiben und sich wertfrei zu begegnen. Deshalb möchten wir Ihnen, wenn die Sorgen zu groß werden, von Seiten des Vorstands und des Schlichtungskreises eine Sprechstunde anbieten. Wir möchten jedoch noch einmal betonen, dass die Vorgaben des Schulministeriums nicht zum Diskurs stehen und auch zukünftig seitens der Schulführung umgesetzt werden.

Wenn Interesse an einer Sprechzeit besteht (beginnend ab Mai, vorerst jeweils montags von 17-18 Uhr, je nach Möglichkeit auch online), bitten wir um vorherige telefonische Anmeldung über das Sekretariat mit Nennung Ihrer Themenwünsche.

Bleiben Sie/Bleibt trotz allem zuversichtlich!

Johannes Berger     Nalan Schmitz-Taptik     Mark-Oliver Schröder
Kerstin Werner      Karin Wiemers

Vorstand der Freien Waldorfschule Soest